40 Jahre Luftrettungsstaffel Bayern

Staatsminister Herrmann: „LRSt – herausragendes Beispiel ehrenamtlichen Engagements
  • Mit einem Staatsempfang im Anschluss an einen Festakt, hat Innenminister Joachim Herrmann am 14. Juli in Ingolstadt die herausragenden Leistungen der Luftrettungsstaffel Bayern gewürdigt. Die Luftrettungsstaffel Bayern besteht seit 40 Jahren. Sie umfasst inzwischen rund 300 ehrenamtlich tätige Pilotinnen und Piloten mit 159 Flugzeugen und fünf Hubschraubern, die auf 32 Flugplätzen flächendeckend in ganz Bayern stationiert sind. 320 Luftbeobachter engagieren sich in der Luftrettungsstaffel Bayern. Herrmann: „Dass dies alles ehrenamtlich geschieht, kann der Luftrettungsstaffel Bayern mit ihrem Leitmotiv „Professionelle Arbeit“ gar nicht hoch genug angerechnet werden. Die Luftrettungsstaffel Bayern hat sich in den letzten vier Jahrzehnten herausragende und außerordentliche Verdienste um die Sicherheit unserer Bürger und um den Schutz von Natur und Eigentum im Freistaat Bayern erworben. Die Luftrettungsstaffel Bayern nimmt umfangreiche Aufgaben wahr. Sie wird eingesetzt zur vorbeugenden Waldbrandbeobachtung um Feuerbrandherde frühzeitig zu orten, für Such- und Rettungseinsätze, zur Verkehrsbeobachtung, zur Gewässerüberwachung bis hin zum Transport wichtiger Medikamente.

    Herrmann: „Den bayerischen Katastrophenschutzbehörden ist mit der Luftrettungsstaffel ein Instrument an die Hand gegeben, das in dieser Form in Deutschland beispielhaft ist. In unserem Hilfeleistungssystem Bayern für den Katastrophenschutz arbeiten Feuerwehren, Sanitätsorganisationen, THW, Polizei, Bundeswehr und Bundespolizei mit den Katastrophenschutzbehörden und den Kommunen eng und vertrauensvoll zusammen. Die Luftrettungsstaffel Bayern ist fester Bestandteil dieses starken Netzwerks“. Der Minister hob besonders hervor, dass mit der Luftrettungsstaffel bei Bedarf flächendeckend Luftfahrzeuge zum Selbstkostenpreis zur Verfügung stehen, ohne dass der Freistaat Bayern selbst Luftfahrzeuge vorhalten muss. Er nannte dies ein herausragendes Beispiel für vorbildliches bürgerschaftliches Handeln. „Die immensen Anstrengungen, die hinter einem Hilfeleistungsangebot wie dem der Luftrettungsstaffel Bayern stehen, werden von Außenstehenden oft gar nicht genügend wahrgenommen. Dass dies alles ehrenamtlich geschieht, kann der Luftrettungsstaffel Bayern gar nicht hoch genug angerechnet werden“.

  • Im Anschluss an seinen Festvortrag ehrte Innenminister Herrmann zusammen mit dem Luftrettungsstaffelpräsidenten verdiente Mitglieder der bundesweit einmaligen Fliegergemeinschaft: Charles Herrmann, Referatsleiter Einsatz und langjähriger Webmaster der Staffel wurde mit der Verdienstmedaille in Silber ausgezeichnet; die höchste Auszeichnung, die Verdienstmedaille in Gold, erhielten Bernd Große, Flugbereitschaftsleiter in Unterfranken, stellvertretender Stützpunktleiter in Hettstadt und bewährtes Mitglied des Lehrteams zur Ausbildung von Luftbeobachtern so wie LRSt-Vizepräsident und Flugbereitschaftsleiter in Oberfranken, Adolf E. Nüßlein, für sein jahrzehntelanges, verdienstvolles Wirken in der Staffel, im Dienst der Allgemeinheit, zum Nutzen von Mensch und Natur.

    In seiner Schlussrede ging Luftrettungsstaffelpräsident Herrmann auf die besondere Bedeutung des Ehrenamts in einer demokratischen Gesellschaft ein und forderte nicht nur die verbale Anerkennung dieser Arbeit, sondern auch eine umfassende Unterstützung des Staates und der Gesellschaft für alle ehrenamtlich Tätigen. „Die demokratische Gesellschaft, in deren Zentrum das bürgerschaftliche Engagement steht, muss mit Leben erfüllt werden. Das gemeinnützige Engagement muss das wichtigste Bindeglied zwischen dem Einzelnen und der Gesellschaft und dem Staat sein, so Herrmann. In diesem Sinne, bringen die Pilotinnen und Piloten in den zurückliegenden 40 Jahren ihre Zeit und ihr Können in die Staffel ein, gemäß den Worten von John K. Kennedy „Frage nicht was dein Land für dich tun kann, sondern frage, was du für dein Land tun kannst“!


    Musikalisch stimmungsvoll umrahmt wurde die Feierstunde vom Bläserensemble der Bayerischen Polizei unter der Leitung von Wolfgang Koch.

Schlussrede des LRSt-Präsidenten Karl Herrmann
  • Niemand kann heute mit Bestimmtheit sagen, ob das folgende kleine Gedicht von Joachim Ringelnatz stammt, oder doch von Wilhelm Busch:

    „Willst du froh und glücklich leben, lass kein Ehrenamt dir geben.
    Willst du nicht zu früh ins Grab, lehne jedes Amt gleich ab.
    Wieviel Mühe , wieviel Plagen, wieviel Ärger musst du tragen.
    Gibst viel Geld aus, opferst Zeit, und der Lohn? Undankbarkeit!
    Darum rat ich dir im Treue n, willst du Frau und Kind erfreuen, soll dein Kopf dir nicht mehr brummen, lass das Amt doch anderen Dummen!“

    Wenn hier auch qua dichterischer Freiheit überzeichnet wird, so ist doch in diesen Zeilen leider manches richtig. Alle, die sich in besonderer Weise engagieren, opfern einen Großteil ihrer Freizeit für ehrenamtliche Tätigkeit. Sie übernehmen Verantwortung für andere, sind bereit, Schwierigkeiten und Ärger, ja Undank, bei der Ausführung ihres Ehrenamts in Kauf zu nehmen. All das machen Sie „um der Ehre willen“, unbezahlt. Warum gibt es solche Idealisten, die sich dem ehrenamtlichen Engagement in unserer Gesellschaft verschrieben haben? Es sind sehr vielschichtige Motive, die auch uns Flieger zu dieser Einsatzbereitschaft bringen: Für manche es das christliche Grundverständnis, Hilfsbereitschaft, Gemeinsinn oder auch Solidarität mit anderen, denn nur durch Freiwillige werden soziale Netze, Netze der Hilfsbereitschaft und Menschlichkeit, des Füreinander und Miteinander geschaffen. Die von uns Fliegern in der Luftrettungsstaffel Bayern praktizierte Solidarität ist Ausdruck einer freiwilligen, nicht erzwungenen Mitverantwortung für Mensch und Umwelt. Sie ist Ausdruck von Humanität und Verantwortungsbereitschaft. Sie hat für einen hohen ethischen Wert.

    Ein weiterer Aspekt der erklärt, warum wir uns dem bürgerschaftlichen Engagement verschrieben haben: Die freiwillige Arbeit in der Luftrettungsstaffel bereichert zweifellos auch den Einzelnen. Sie gibt die Möglichkeit zur Selbstgestaltung und der Selbstentfaltung. Wir Piloten übernehmen dann gerne Verantwortung, tun gerne mehr als unsere Pflicht, wenn wir darin einen Sinn erkennen können. Dieser Sinn kann durchaus die Selbstverwirklichung sein, von der heute oft gesprochen wird. Menschen wollen etwas gestalten, wollen Werte schaffen und erhalten. Die ehrenamtliche Tätigkeit in der Luftrettungsstaffel Bayern stellt seit vierzig Jahren einen hervorragenden Rahmen dar, in dem Menschen etwas bewegen können, das gesellschaftlichen Sinn hat und der Allgemeinheit nützt: Schutz von Mensch und Natur! Im Übrigen gibt die freiwillige Tätigkeit in der Luftrettungsstaffel auch Heimat: Die Mitarbeit in den Luftsportvereinen und der Staffel führt zu einem Eingebundensein, zu einer Verwurzelung vor Ort. Sie gibt Halt, nicht nur dem oder der aktiv Tätigen, sondern auch all jenen anderen, denen die Vereinsarbeit zugute kommt und sie schafft einen tiefen, lebendigen Bezug zur schützenswerten, heimatlichen Natur. Theodor Heuss postulierte: „Demokratie lebt vom Ehrenamt“. Für die Luftrettungsstaffel Bayern ist das bürgerschaftliche, ehrenamtliche Engagement die Seele der Demokratie. Eine demokratisch verfasste Gesellschaft kann letztendlich nur dann überleben und gedeihen, wenn ihre Bürger sich mit ihr solidarisieren und sich in ihr wieder finden. Nur so kann dem Schreckgespenst der Staatsverdrossenheit begegnet werden. Auch in unserer Gesellschaft besteht die Gefahr, häufig nach dem Staat zu rufen, der schon alles richten wird! Der Staat darf und soll nicht nur bedienen, sondern er muss seine Bürger aktivieren und fordern. Die demokratische Gesellschaft, in deren Zentrum das bürgerschaftliche Engagement steht, muss mit Leben erfüllt werden. Das gemeinnützige Engagement muss das wichtigste Bindeglied zwischen dem Einzelnen, der Gesellschaft und dem Staat sein. Der Glaube an die Allmacht und „Allzuständigkeit“ des Staates bei der Lösung aller denkbaren Probleme ist ein Irrglaube. Freiheitsrechte dürfen nicht in Anspruchsdenken umgedeutet werden. Steigende Staatsaktivitäten und wachsende Absicherungs- und Versorgungsmentalität dürfen für das ethische und wirtschaftliche Erscheinungsbild unserer Gesamtgesellschaft nicht prägend werden uns Der Staat sollte nur das übernehmen, was andere zu leisten nicht imstande sind. Was in Freiwilligkeit leistbar ist, dafür ist die Luftrettungsstaffel Bayern mit ihren Pilotinnen und Piloten und den Luftbeobachtern, neben vielen anderen Organisationen des Katastrophenschutzes, ein leuchtendes Beispiel.

  • Das Prinzip der Subsidiarität des staatlichen Handelns darf aber nicht so weit gehen, dass bürgerschaftliches Engagement zu einem Notstromaggregat für die Erwerbsgesellschaft wird, dass sich der Staat, aus welchen Gründen auch immer, aus seiner Verantwortung stiehlt. Wenn der Staat seinen Bürgern mehr Verantwortung zutraut, muss er ihnen dabei auch unter die Arme greifen. Wir alle, die wir freiwillig und ehrenamtlich tätig sind, geben unserer Gesellschaft viel. Wir tun mehr als unsere staatsbürgerliche Pflicht. Deshalb erheben wir auch den Anspruch darauf, dass wir vom Staat und von der Gesellschaft gefördert und unterstützt werden. Es darf nicht nur bei einem „Dankeschön“, einem Händedruck, einem Anerkennungsschreiben oder einem Orden bleiben. Alle ehrenamtlich Aktiven haben mehr verdient, als solche äußeren Zeichen der Wertschätzung:

    • In der Öffentlichkeit, muss – insbesondere durch unsere Medien – deutlich gemacht werden, wie wertvoll das freiwillige Engagement für die Gesellschaft ist.
    • Das allgemeine Interesse an freiwilliger Tätigkeit – ehrenamtlichem Einsatz – muss bei unserer Jugend wieder geweckt und verstärkt werden.
    • Es muss gelingen, die „schlafende Reserve“ für das freiwillige Engagement zu mobilisieren.
    • Viele Ehrenamtliche müssen mittlerweile die Fähigkeiten von Managern haben. Hier gilt es, diese Fähigkeiten durch gezielte Fort- und Weiterbildung zu stärken.
    • Auch in der Wirtschaft, bei Arbeitgebern – den privaten und öffentlichen – muss das Verständnis für ehrenamtliche Arbeit verbessert werden. Es sollte für jeden Chef oder Dienststellenleiter eine Ehrenpflicht sein, freiwillig tätige Betriebsangehörige nach Kräften zu unterstützen.
    • Die steuerliche Anerkennung nicht nur von Geld-, sondern auch von Zeitspenden, könnte einen zusätzlichen Anreiz für freiwilliges Engagement darstellen. In diesem Zusammenhang bedanken wir uns bei der Staatsregierung des Freistaats Bayern, bei den für uns zuständigen Ministerien und bei allen Mitarbeitern der nachgeordneten Dienststellen, nicht nur für diesen Empfang, sondern für alle Formen der Unterstützung unserer Arbeit in den vergangenen vierzig Jahren. Der Freistaat Bayern ist auf einem guten Weg!
      Die Luftrettungsstaffel ist in Bayern bekannt, wir erfahren zum Teil sogar große Wertschätzung! 


    Deshalb möchte ich alle Mitglieder unserer Staffel ermutigen, ihre Tätigkeit mit Freude und Elan im Geiste unserer „Gründerväter“ fortzuführen, so wie dies in den bisherigen vierzig Jahren des Bestehens unserer Fliegergemeinschaft der Fall war. Lassen Sie sich von Schwierigkeiten und manchem Ärger nicht frustrieren. Bewahren Sie Ihr Selbstbewusstsein!

    • Wir arbeiten in der Luftrettungsstaffel ehrenamtlich, aber höchst professionell.
    • Wir geben den Mitmenschen und der Gesellschaft Vieles.
    • Wir nehmen uns deshalb auch das Recht, von der Gesellschaft und den staatlichen und kommunalen Stellen Unterstützung und Hilfe einzufordern.
    • Wir tun dies offen und selbstbewusst.
    • Wir tun es nicht für uns, sondern für andere.
    • Wir tun es für unsere Mitmenschen, unsere Natur, unsere Umwelt.
    • Wir handeln nach den Worten des amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy, die uns LRSt-Ehrenpräsident Ernst Schramm ins Stammbuch geschrieben hat: „Frage nicht, was dein Land für dich tun kann, sondern frage, was du für dein Land tun kannst“!

     

    In diesem Sinn und in diesem Geist hofft die Luftrettungsstaffel Bayern auf noch viele erfolgreiche und unfallfreie Jahre dieser einmaligen Fliegergemeinschaft, zum Wohle unserer bayerischen Heimat.